Sonntag, 5. September 2010

entspannter Sonntag

Ich wachte vom Rufen meines Namens auf- und von Schlurfgeräuschen. Ich öffnete die Augen- alle schienen bereits auf den Beinen zu sein. Ich fühlte mich schlecht. Mein Hals tat weh und meine Augen bekam ich gerade so auf. Ich hörte es wieder: „Schaloootaaaa!“. Zweifelsohne war es Dascha, die meinen Namen rief. Die meisten Kleinkinder hier sind nicht in der Lage das gerollte „r“ zu sprechen, weshalb Daschenka jedes „r“ durch ein „l“ ersetzt. So zum Beispiel auch das Wort „Wassermelone“ - im Russischen „Arbus“ –bei Dascha „ Allbuss“ . Ihre Familie macht sich darüber von Zeit zu Zeit lustig. Aber das ist es wirklich, wenn ein eine kleine fibsliche Heliumstimme „Allbuss“ sagt.
Sie öffnete die Zimmertür und schlurfte in meinen Latschen zur Tür rein. Im Russischen heißen Schlappen übrigens Tabki- sehr passend meiner Meinung nach. Sie sah mich sehr ernst an und fragte erneut woher ich komme. Ich antwortete: "aus Deutschland". Sie verkündete stolz sie käme von ihrem Vater.
Nach dem Frühstück bettelte Dascha Jeden, ihr doch etwas vorzulesen. Ihre Mutter las ihr eine Geschichte vor. Dascha bettelte Ksjoscha- sie wollte nicht. Dascha bettelte…MICH?! Ich sagte ich könne nicht lesen, da ich die Freude an russischen Märchen dem Kind nicht verderben wollte, indem ich jedes einzelne Wort verstümmelte. Ksjoscha sah mich fordernd an. Ich las. Man grinste. Ich hörte auf. Dascha sagte ich solle weiter machen. Zum Glück kam meine Gastmutter und gab mir etwas zum Halsausspülen. Den gruseligen Wundertee gab es danach- ich habe die Rosinen diesmal als Himbeeren identifiziert…Bei dem Schrumpelstatus bin ich mir allerdings nicht sicher. Es ging mir gleich etwas besser.
Ksjoscha würde heute zu ihrem Vater gehen, der, wie ich herausgefunden habe, von meiner Gastmutter geschieden ist. Ihr jetziger Mann (und Vater Daschas) lebt und arbeitet in Murmansk.
Ich bleibe heute in der Wohnung und kuriere meinen kranken Körper.
Wir aßen zu Mittag, als Katja, eine YFU Freiwillige, meine Gastmutter anrief. Sie fragte nach der Gesamtsituation. Ich verstand nicht alle Antworten, nur diese, dass meine Gastmutter sagte, ich sei ein bisschen krank, alles ist sonst gut und das ich gut Russisch kann. Da sag ich doch mal danke fürs Kompliment! Sie wollte anschließend mit mir reden. Sie fragte wie es mir ginge und ob ich mich wohlfühle, wie es in der Schule läuft usw. Ich antworte wahrheitsgemäß. Dann musste ich meine neue Handynummer preisgeben. Katja kündigte ein Treffen mit YFU für nächstes Wochenende, bezüglich dessen werde sie mich am Freitag anrufen.
Den weiteren Nachmittag verbrachte meine Gastmutter mit Dascha in der Küche. Sie hatte einen russischen Musikkanal laut aufgedreht und sang schief mit. Ksjoscha und ich relaxten.

Als ich aufwachte war Ksjoscha schon bei ihrem Vater. Ich muss eingeschlafen sein- allein der Fakt des Aufwachens sprach dafür. Gastmutter und Dascha schauten fern- Dascha tanzte zur Musik. Als Dascha mich sah umarmte sie mich stürmisch, rannte in Ksjoschas und mein Zimmer und sagte ich solle ihr jetzt vorlesen. Diesmal konnte ich mich nicht drücken. Meine Gastmutter kam hinzu und unterstütze Daschas betteln. Ich begann also ein mir unbekanntes, russisches Märchen, welches ich nicht verstand, vor zu stottern. Dascha hörte geduldig zu. Als ich aufhören wollte, befahl sie mir weiter zu lesen. Ich schaffte es schließlich bis zum Ende der Geschichte und erntete Lob… was bei meiner Leistung sicher nicht angebracht war.
Meine Gastmutter wollte duschen gehen und übergab Dascha in meine Obhut. Ich fühlte mich geehrt, hatte aber zugleich etwas Muffensausen. Was, wenn etwas passiert? Es passierte nichts- im Gegenteil es war leicht. Dascha rannte mit ihrem Buggi durch die Wohnung und lachte dabei vergnügt. Alle waren zufrieden.
Im weiteren Verlauf des Abends zeigte mir meine Gastmutter Kindheitsbilder von Dascha und Bilder ihres Mannes.
Da am Wochenende kein Sandmann kommt, musste ich wieder ohne Schlaflied ins Bett…


Tagesfazit: „Ich sollte Lesen üben!“


Hier noch ein Bild meiner Vorstellung am 1. September





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