Dienstag, 29. März 2011

*kratsch*

An einem Ferientag quälten Xjuscha und ich uns um sechs aus dem Bett. Mit dem Trolleybus fuhren wir zum Bahnhof, wo wir uns um acht mit den übrigen Mädels treffen würden. Kurz vor acht kamen wir am Bahnhof an. Als die übrigen Mädels eintrafen, setzen wir uns in die Marschrutka und fuhren los. Während der Fahrt erklärte mir Xjuscha, dass die Mädels (welche sie aus der Schule kennt) nur zum Shoppen nach Kazan fahren wollen. Sie meinte aber, dass wir uns bestimmt problemlos abseilen könnten, um die Stadt zu erkunden. Noch während der Fahrt bezahlten wir den Fahrer. Jeder gab 500 Rubel. Das war übrigens auch der Grund, warum die anderen noch Mitfahrer suchten, denn je mehr mitfahren, desto günstiger wird es. Ich hatte mich zuvor etwas über Reisekosten informiert. Zug oder Bus währen nicht viel billiger gewesen aber länger gefahren. Der unschlagbare Vorteil unserer gemieteten Marschrutka war, dass keine Haltestellen berücksichtigt werden mussten und natürlich auch dass es etwas komfortabler ist, als in einem vollgestopften Bus durch die Gegend zu zuckeln. Um 11 waren wir bereits am Ziel- wirklich schnell! Es stellte sich allerdings heraus, dass das Einkaufszentrum etwas außerhalb der Stadt liegt, wodurch Xjuscha und ich den Gedanken allein eine Millionenstadt zu erkunden verwarfen. (Info: Kazan ist die Hauptstadt der russischen Republik Tartastan. Dort leben ca. 1mio Einwohner. Das Urvölkchen dort sind die Tartaren, somit ist hier die zweite Sprache neben Russisch nicht Tschuwaschisch sondern Tatarisch.) Um 6 würden wir uns wieder an der Marschrutka treffen- also 7 Stunden zum shoppen!! Hilfe. Xjuscha und ich zogen los. Die Art wie Xjuscha shoppt… das könnte man in ein Witzbuch bezüglich weiblicher Angewohnheiten schreiben: Wir drehten die erste Runde, wählten Kleidungsstücke aus, probierten sie an. Ich wurde schnell fündig und kaufte mir ein paar preiswerte Shorts. Xjuscha kaufte nichts und erklärte sie müsse erst das Sortiment der anderen Geschäfte erkunden und dann vergleichen. Wir drehten die zweite Runde. Ich hatte nicht vor noch mehr Kleidung zu kaufen. Die Preise sind mir einfach zu hoch, da kaufe ich lieber in Deutschland ein. Xjuscha probierte die selben Kleidungsstücke an, welche sie die Runde zuvor anprobiert hatte. Sie stand lange vor dem Spiegel, zupfte die Kleidung in Form und betrachtete sich skeptisch. Wir drehten die dritte Runde. Meine Aufmerksamkeit richtete ich mittlerweile auf mögliche Mitbringsel für meine Verwandten- und wirklich: Ich kaufte ganz geheime Sachen für ganz geheime Menschen (währe ja noch schöner, wenn ich euch jetzt schon verrate, was ihr bekommt. hihi!). Xjuscha hingegen hatte immer noch nichts gekauft, allerdings ging sie in einige Läden nicht mehr hinein, womit sich ihr Auswahlkreis schon etwas verkleinerte. Nach der vierten Runde, welche wir durch das riesige Kaufhaus drehten, kaufte sie endlich ein grünes, schlichtes Top. Meine Füße waren mittlerweile platt und ich bat sie erst einmal eine Pause zu machen, um etwas zu essen. Sie willigte ein. Runde fünf und sechs watschelte ich mit meinen platten Füßen hinter Xjuscha her und versuchte meine gute Laune zu behalten, denn sie probierte wieder die selben Sachen an und musterte sich mit dem selben skeptischen Blick. Um sechs saßen wir fix und alle in der Marschrutka. Xjuscha hatte noch eine Bluse, Bilderrahmen und ein Hemd gekauft. Auf dem Rückweg kamen wir in einen Stau, sodass wir erst um 11 in Cheboksary waren. Gegen 12 lagen wir endlich in unseren kuscheligweichen Betten. Ich stellte meinen Wecker auf 4:30Uhr, denn am nächsten Tag musste ich um 6 Uhr an der Schule sein, um nach Nischni Nowgorod zu fahren. Es war ein schöner Tag. Leise tapste ich am Morgen des 28.3. durch die Wohnung, um meine sieben Sachen für die Exkursion zu packen. Als ich auf die menschenleere Straße trat, ging bereits die Sonne auf und obwohl ich nur vier Stunden Schlaf hatte war ich putz munter. Pünktlich um sechs war ich an der Schule und bereits eine viertel Stunde später begann unsere Reise. Wir waren insgesamt ca. 50 Menschlein (Lehrer, Eltern, Schüler der 6. und 7. Klasse). Ich wurde neben ein mir völlig unbekanntes Mädchen gesetzt. Wir freundeten uns recht schnell an. Sie heißt Katja, besucht die 7. Klasse und interessiert sich sehr für Malerei ( während der Fahrt las sie ein Buch über Monet). Ich schloss die Augen und versuchte etwas zu schlafen. Ein eklig hohes Kratschen ließ mich meine Augen wieder aufschlagen. Eine Frauenstimme meldete sich zu Wort. Unsere Reiseführerin. Sie meinte sie würde nur kurz etwas zu Tscheboksary und der Geschichte der Tschuwaschischen Republik erzählen und danach könnten wir schlafen. Wir hörten also zu, während das Mikrofon weiterhin eklig kratschte. Zunächst war es sehr interessant ihr zuzuhören, doch dann wurde es immer anstrengender. Sie schien die gesamte tschuwaschische Geschichte auswendig zu wissen und jedes noch so kleine Detail erzählte sie. Nach einer Stunde verstummte das Kratschen des Mikrofons und auch die Stimme der Frau. Endlich. Schlafen. Nach ungefähr einer viertel Stunde erklang wieder die Reiseführerin: „So jetzt für alle, die nicht schlafen: Rechts sehen wir eine Pferdezucht…“ Hilflos blickte mich meine Sitznachbarin an- auch sie wollte schlafen. Ich muss gestehen, dass ich mittlerweile nicht mehr müde war, allerdings auch nicht sonderlich interessiert an der Geschichte von Pferdezuchten und so schlug ich „Garri Potter“ auf, um etwas zu lesen. Es ging nicht. Der nervtötende Ton des Mikrofons und die unermüdliche Stimme der Frau ließen es nicht zu sich auf den Text zu konzentrieren. Nach einer weiteren halben Stunde beratschlagten meine Sitznachbarn und ich uns, wie man sie am besten zum schweigen bringen könnte- einige sahen wirklich furchtbar müde aus. Angeregt quatschten wir . Der Reiseführerin fiel die zunehmende Lautstärke im Bus auf und meinte schließlich: „Kinder, ich weiß es mag euch nicht interessieren, aber ihr könnt schon etwas leiser reden! Immerhin reist heute mit uns Charlotte R., aus Deutschland! Und für sie ist das sehr interessant!“ Mich traf der Schlag. Instinktiv rutschte ich etwas tiefer in meinen Sessel. Katja sah mich grinsend an: „Du hast mein Mitgefühl!“ Nach fünf Stunden Fahrt, welche durch das ununterbrochene Gerede der Reiseführerin begleitet wurden, waren wir am ersten Ziel angekommen: dem Kreml Nischni Nowgorods. Diese Anlage diente einst zur Verteidigung und besteht aus 13 runden und eckigen Türmen. Jeder Turm hat eine Bezeichnung, so heißt z.B.: ein Turm: „der Tragjochturm“. Zur Namensentstehung gibt eine schaurige Legende: Unter dem Turm soll eine Frau begraben liegen, welche zur Grundsteinlegung des Turmes geopfert wurde. Da sie eigentlich auf dem Weg zu Wolga war, um Wasser zu hohlen (also mit Tragjoch), erhielt der Turm diesen Namen. Wir machten einen kleinen Rundgang. Denkmal Valerii Tschkalows. Die Wolga (nicht nur das blaue) Ich- im Hintergrund: die Wolga. Dies war- soweit ich das verstanden habe- das Haus des Gouverneurs. Heute befindet sich darin ein Kunstmuseum. Turm und Mauer Turm und ich
Eine Ausstellung der Fahrzeuge im zweiten Weltkrieg.



Ein Schild weckte meine Aumerksamkeit:

"Wnimanie: awtomatitscheskii schlagbaum"

"Achtung: automatische Schranke"


Die Philharmonie.



Die Erzengelkathedrale mit Denkmal der Stadtgründer.


Denkmal. Fürst Juri Wsewolowitsch (Standgründer) und sein Lehrer Sischon (wenn ich die Denkmalunterschrift richtig verstanden habe).


Ausblick auf die Wolga und Kremlmauern.




Die Erzengelkirche mit ewigem Feuer (zur Erinnerung an den zweiten Weltkrieg). Übrigens war die Kirche eine der ersten Sakralgebäude Russlands.




Der Minin- und Poscharski Obelisk war das erste Denkmal Nischni Nowgorods.




Wir fuhren weiter. Nächstes Ziel: das Haus Gorkis. Die Reiseführerin erklärte uns, dass Maxim Groki unter armen Verhältnissen lebte. Sein Vater verstarb früh, weshalb er zu seinem Großvater zog. Das Haus, welches wir besichtigen würden, war das Haus des Großvaters. Das Gebäude ist noch vollständig im Urzustand erhalten. Zu meinem großen Bedauern war fotografieren nicht erlaubt- ein Jammer!

Wir gingen in das kleine rote Holzhaus und fanden uns in einem kleinen, niedrigen Raum wieder. Die Wände waren mit einer Handgemalten Blümchentapete verziert, den Boden verkleideten rote Holzdielen. Der Museumsführer hieß uns freundlich willkommen. Wir gingen weiter in die Küche- ebenfalls klein und niedrig. In der Mitte stand ein großer, weißer russischer Backofen. Am Fenster rechts vom Backofen befand sich ein gedeckter Holztisch. Rechter Hand vom Tisch standen Holzbänke, eine alte, schwere Holztruhe, Kleidungsstücke und eine Gitarre. Am anderen Ende des Zimmers war eine Tür. Rechts neben der Tür: ein Regal mit Geschirr. Insgesamt ein gemütliches Zimmer, welches mich sehr an meinen Besuch im Dorf erinnerte. Es hatte wieder etwas von einer Zeitreise, nur das diese dieses mal Absicht war. Der Museumsführer machte die Zeitreise perfekt, indem er das damalige Leben anschaulich schilderte. Er erklärte die Platzverteilung am Esstisch, die Gestaltung der Abende, Familienrituale usw. . Auch die übrigens Zimmer (der Großmutter, des Großvaters und der Mutter) schilderte er nicht minder interessant. Ein wirklich wunderbares Museum und sehr empfehlenswert- wobei ich nicht weiß, ob sie die Touren auch auf Englisch anbieten. (Übrigens: „gorki“ = „bitter“)


So ganz ohne Foto wollte ich dann doch nicht gehen und knipste das niedliche Häuschen wenigstens von Außen.





Häuser der Nachbarschaft.









Wieder setzen wir uns in den Bus und fuhren ein kleines Stück weiter. Nächstes Ziel: Prokowskaja Straße. Diese Fußgängerzone ist wohl die schönste Straße der Stadt- wobei ich das nicht eindeutig sagen kann, da ich einfach zu wenig gesehen habe. Wir bekamen ein wenig Freizeit, um durch Geschäfte zu bummeln und etwas zu essen, bevor wir die Rückreise antraten.










Das ist übrigens das Bankgebäude.





Schade, dass ich nicht mehr von Nischni Nowgorod gesehen habe- die Stadt ist einfach schön! Im Bus unterhielt ich mich mit Katja über die eindrücke des Tages, wobei ich euch die Sensation des Tages vorenthalten habe : +5 Grad! Es war richtig warm!




Während der Fahrt fotografierte ich noch etwas. Hier ein Schnappschuss: In Nischni Nowgorod trifft Historie (altes Haus) auf Neues (Hochhaus)




Außerdem noch ein paar niedliche Häuschen ... zufällig habe ich das selbe Haus wieder geknipst, welches ich das letze mal schon fotografierte- nur das diesmal keine Mütterchen davor saßen.(zweites Bild)






Naja, egal… jedenfalls hofften wir alle die Reiseführerin würde uns wenigstens auf der Rückreise mit ach so interessanten Geschichten verschonen. Doch da kratschte bereits das Mikrofon. Sie fasste den Tag zusammen und widmete sich wieder ihrer Tätigkeit die Gebäude zu beiden Seiten der Straße zu erörtern: „Oh, und das ist das Haus meiner Eltern…“ Als ihr der Gesprächsstoff ausging schlug sie vor Lieder zu singen, doch als keiner fröhlich: „Jaaa, lasst uns Lieder singen!“ rief, verstummte sie. Ich las (mittlerweile schon Seite 414). Um neun waren wir wieder an der Schule und ich machte mich auf den Weg zu meinem russischen Heim.

Während ich in Nischni Nowgorod war, feierte meine Gastfamilie den Geburtstag der „Oma“ und ihrer Mutter, denn beide hatten an diesem Tag Geburtstag. Ich lief ihnen noch zufällig über den Weg, gratulierte und überreichte mein Geschenk. Beide freuten sich riesig und schickten mich schnell weiter, denn schließlich war es mittlerweile kalt geworden und in der Wohnung warteten übriggebliebene Pirogen auf mich. Grüße aus der Ferne


Lotte


Noch ein besonderer Gruß an meine Oma, welche am 27. Geburtstag hatte. Ich wünsche dir nachträglich alles Gute und hoffe ihr hattet einen schönen Tag in Erfurt.

Samstag, 26. März 2011

FERIEN!!

Ich mag meine Russischlehrerin. Zwar regt sie sich jede Stunde mindestens 10 Minuten über die Unfähigkeit ihrer Schüler auf - aber dennoch: Ich mag sie. Am Montag fragte sie ihre Schüler ob sie nicht Interesse an einer Exkursion nach Nischni Nowgorod hätten. Die selbe Frage hatte bereits vorherige Woche meine Mathematiklehrerin ihren Schülern gestellt, doch nun kommt der entscheidende Unterschied, warum ich meine Russischlehrerin mag und meine Mathematiklehrerin nicht: Meine Russischlehrerin sah mich freudestrahlend, durch ihre ovale, schwarzgerahmte Brille an, und fragte, ob ich nicht Lust hätte mitzufahren. Sie meinte die Kosten würden sich auf 800 Rubel belaufen (20 Euro). Damit wäre bereits alles bezahlt: Museumseintritte, Hin- und Rückfahrt. Sie erklärte, dass wir „auf den Spuren Maxim Gorkis“ reisen würden, dazu Museen besuchen werden und auch sonst Nischni Nowgorod etwas genauer unter die Lupe nehmen werden. Ich sagte zu, denn schließlich habe ich das letzte Mal eigentlich nur das Einkaufszentrum dieser Stadt gesehen. Die Lehrerin strahlte erfreut und meinte: „Wir werden dir viel zeigen! Nicht nur das Haus Gorkis und Souvenirläden – nein du wirst auch das Vergnügen haben, während der Hin- und Rückfahrt, den Zustand russischer Straßen zu erleben!“ Sie lachte herzlich. Die Klasse und ich stimmten ein.

Am Abend saßen meine Gastmutter und ich in der Küche, knusperten Sonnenblumenkerne (es ist hier sehr üblich Sonnenblumenkerne zu rösten und dann zu essen) und unterhielten uns über Russlands Probleme. Ich fragte sie, warum hier niemand etwas aus dem Land macht: so groß, so viele Rohstoffe und so viele Arbeitskräfte und dennoch liegt das BIP bei nur 900Mrd Euro (Stand 2008 - Deutschland 2700Mrd Euro). Meine Gastmutter staunte zunächst über die Zahlen und begann zu wettern. Sie hat eine eher negative Einstellung zu ihrem Geburtsland. Sie schimpfte auf Oligarchen, welche alles in ihre eigenen Taschen wirtschaften, einer zu großen Spanne zwischen arm und Reich, Korruption usw. Sie unterrichtete mich davon, dass Xjuschas Vater vor kurzem gefeuert wurde. Irgend ein reicher, einflussreicher Mensch hat diesen langjährigen, guten Mitarbeiter einfach so gefeuert und nun steht Xjuschas Vater erst mal ohne Arbeit da.
Angeregt redeten wir weiter. Der Mann meiner Gastmutter rief an und wurde gleich ins Gespräch mit einbezogen. Im Gegensatz zu seiner Frau ist er ein wahrer Patriot- es war gut auch eine andere Meinung zu hören.
Als mein Gastvater auflegte, entstand ein kurzes Schweigen, wodurch die nebenbei laufenden Nachrichten hörbar in den Vordergrund rückten. Zunächst wieder Berichterstattung über die Lage in Japan. Wie immer stand ich entsetzt vor dem Bildschirm und versuchte zu verstehen ob die Situation sich nun verbessert oder verschlechtert hat. Anschließend weitere Neuigkeiten: In der Nacht von Samstag auf Sonntag erfolgt das letzte Mal die Zeitumstellung auf Sommerzeit. Bitte was?! Das letzte Mal? Russland klinkt sich aus der Zeitumstellungsgeschichte aus…Es wird also eine historische Nacht in welcher die allerletzte Zeitumstellung auf russischem Raum stattfindet…
Zum Schluss kam noch ein Beitrag aus deutschen Landen: Knut ist gestorben. 5 Minuten berichtete man über den tragischen Tod des Tieres - samt Augenzeugeninterview und Lebensrückblende. Ich lachte. Nein, ich lachte nicht, weil ich es lustig finde, wenn ein Tier stirbt - schon gar nicht wenn es Knut ist - aber ich lachte weil wir kurz zuvor von den vielen Problemen Russlands sprachen, anschließend sah ich, was sich in Japan abspielt und nun die Probleme Deutschlands, welche es bis in die russischen Nachrichten schaffen: Eisbär ist verstorben.

Mittwoch war endlich der letzte Schultag vor den Ferien. Alle Stunden dauerten nur eine halbe Stunde und in der 5. Unterrichtsstunde wurden die Noten ins „Dnevnik“ eingetragen. Wie immer: keiner zensiert mich :( . Nun ist das dritte Schulviertel bereits zuende und vor mir liegen die langersehnten Ferien, welche bis zum 4. April andauern.



Abends ging ich wieder in die Universität, um mit der Praktikantin einen Film auf deutsch anzusehen.
Nach dem Film unterhielt ich mich noch lange mit dem Lehrer. Er ist auch aus Deutschland und ebenfalls seit etwas mehr als einem halben Jahr hier. Es war ein interessantes Gespräch. Ihm sind genau die selben Dinge aufgefallen wie mir. Z.B.: beschrieb auch er ein russisches Dorf als Zeitreise und auch ihm ist aufgefallen, dass man hier prinzipiell saubere Schuhe hat. Das ist kein Witz - es mag sich belanglos anhören aber es ist so: die Schuhe der Einwohner hier sind immer blitzblank. Das grenzt an ein Wunder! Die Wege sind übersät mit Schlaglöchern, es taut, überall ist es dreckig und schlammig - aber das Schuhwerk ist glänzend schwarz. Während wir uns darüber unterhielten, blickte ich auf sein und mein Schuhwerk: beide dreckig. Eine Frau tänzelte leichtfüßig auf ihren 14 cm Pumps, über die Pfützen hinweg, an uns vorbei: saubere Schuhe. Wie machen die das nur?!

Die Folgen des langen Gespräches mit dem Lehrer merkte ich am nächsten Tag: Ich war krank. Eine Stunde, bei Schneeregen auf der Straße stehen und quatschen scheint mir nicht so gut getan zu haben. Freitag gesellten sich zu meinem Schnupfen noch Hals und Kopfschmerzen hinzu. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Für Sonntag ist ein Ausflug nach Kasan geplant (ich glaub allerdings, dass wir es leider wieder nur bis ins Einkaufszentrum schaffen) und für Montag die Nischni Nowgorod Exkursion.
Ich lag also im Bett, trank brav den Hustentee meiner Großeltern (vielen Dank noch mal), vegetierte vor mich hin und las weiter Harry Potter (auf Russisch übrigens: Garri Potter). Mittlerweile bin ich auf Seite 350 und habe eigentlich kaum Verständnisprobleme. Nur das mich wirklich interessieren würde wie sich ein Fabelwesen namens: „Soplochwost“ übersetzt…

Morgen geht’s also nach Kazan! Jeha! Ich hoff ich bin bis Morgen gesund, denn schließlich hab ich nur noch Halsschmerzen.

Ich sende Ferienstimmung nach Deutschland

Lotte

Fazit: „Es gibt noch viele Dinge in Russland, welche verbesserungsbedürftig sind und es ist ein guter Anfang, wenn die Einwohner das wissen.“


PS.: Hier noch etwas zu den Streunern in den Treppenhäusern. Es ist wunderbar, wenn man von der Schule kommt und vor der Wohnungstür schlummern friedlich zwei Kätzchen. Es ist auch gar nicht problematisch die Tierchen zum weggehen zu bewegen, ohne dass sie mit in die Wohnung hinein wollen…nein.. gar nicht schwierig…
Am Fahrstuhl wurde diesbezüglich jetzt ein Schreiben befestigt, in welchem die Anwohner gebeten werden die Streuner nicht ins Treppenhaus zu lassen und auch das Füttern zu unterlassen. Einen Tag später saß unter dem Zettel eine Katze, welche genüsslich an einem Knochen rumschmatzte - schade dass ich keinen Fotoapparat dabei hatte und zur Schule eilen musste!

Und noch ein besonderer Gruß an meine Cousine, welche am 22. Geburstag hatte. Ich wünsche dir nachträglich alles Gute und hoffe dir geht es immer noch gut in Neuseeland! :)

Sonntag, 20. März 2011

Ein friedliches Völkchen...

Letzen Sonntag habe ich mein erstes russisches Buch zu ende gelesen. Wider Erwarten war dies nicht die Märchensammlung von Lew Tolstoi, sondern „Das Schwert des Königs Afonsu“ von Alice Wieira, einer portugiesischen Schriftstellerin. Die Märchensammlung habe ich immer noch nicht beendet, da ich sie – um ehrlich zu sein - furchtbar langweilig finde. Das portugiesische Buch ist ebenfalls ein Kinderbuch für Leser ab 12 Jahren. Natürlich verstand ich nicht jedes einzelne Wort aber das Wichtigste verstand ich. So handelt das Buch von drei Kindern, welche eine unbewusst Zeitreise machen und sich plötzlich im Mittelalter wiederfinden. Es werden einige Abenteuer und natürlich die geglückte Rückreise in die Echtzeit beschrieben.
Nun habe ich angefangen „Harry Potter und der Feuerkelch“ zu lesen. Ich bin schon auf Seite 100 und vom Buch begeistert! Mittlerweile entsteht sogar das „Kopfkino“, welches beim Lesen erzeugt wird - natürlich gibt es immer noch schrecklich viele Wörter, welche nicht zu meinem Vokabular gehören.

Montagmorgen befand ich mich wieder in einem der Trolleybusse der Nummer eins, welche hier durch Tscheboksary tuckern. Die Reiseumstände im Trolleybus haben sich etwas verbessert, da mit dem Anstieg der Temperaturen die Scheiben nicht mehr vereist sind und man sich nicht mehr in einer geschlossenen, vollgestopften Kapsel reist, sondern sich mit dem Blick aus dem Fenster ablenken kann. Übrigens stieg neulich ein Kontrolleur ein. Es gibt hier also einen Schaffner, welcher Tickets kontrolliert, verkauft und immer im Bus mit fährt. Und dann gibt es noch Kontrolleure welche gelegentlich zusteigen und Fahrkarten kontrollieren. Allerdings sind diese nicht so hinterhältig, wie deutsche Fahrkartenkontrolleure, welche unauffällig, in Zivilkleidung und mindestens zu zweit einsteigen, um jede Flucht zwecklos zu machen. Die Kontrolleure hier tragen eine auffällige, rote Armbinde, auf welcher groß, in schwarz „Kontrolleur“ geschrieben steht.
Und da wir grad bei meinem so innig geliebten Trolleybus sind: Die Schaffner scheinen immer Frauen zu sein. Aber nicht irgendwelche Frauen- nein- besonders dicke Frauen. Es ist wirklich kein Scherz! Ich hab das Gefühl für die Ausübung dieses Berufes muss man nicht nur Tschuwaschisch können, ein bisschen Mathe, sondern auch mindestens den gesamten Durchgang zwischen den Sitzen ausfüllen. Ihr könnt euch vorstellen wie spaßig es ist, wenn man auf seinem knappen viertel Quadratmeter steht und der Kontrolleur an einem vorbei geht…

Ein Wunder! Was in Russisch geschah grenzte wirklich an ein Wunder! Vor nicht allzu langer Zeit schrieben wir ein Diktat und mussten im Text alle Partizipien , deren Bezugswörter markieren und dementsprechende Kommata setzen. Ich machte nur vier Fehler! Und das nicht etwa bei der Kommasetzung oder der Partizipienmarkierung - nein nur vier Fehlerchen bezüglich der Rechtschreibung! Alles andere ist mir Fehlerfrei gelungen!! Damit hatte ich eine wunderschöne 4 unter meiner Arbeit stehen und war besser, als einige meiner russischen Mitschüler! Jeha! Meine Lehrerin überreichte mir das Diktat, schüttelte mir die Hand und meinte ich hätte eine großartige Leistung vollbracht. Juhuuuu!!!

Es war wieder Lustig am Dienstag. Bauchtanz macht mir wirklich viel Spaß, auch wenn meine Zappeleien noch weit entfernt von echtem Bauchtanz sind. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Unsere Lehrerin ist wirklich humorvoll, seit zwei Unterrichtsstunden versucht sie uns beizubringen, eine Bauchwelle nur durch Bewegung der Bauchmuskeln erzeugen zu lassen. Irgendwann lacht sie auf und macht unsere verkrampften Gesichter nach, welche leider das einzige sind was sich bewegt.

Als ich Mittwoch die Schule betrat, begrüßte mich meine Gastmutter und meinte der Fotograf warte auf mich und würde gern Bilder von mir machen, um diese mit dem Artikel zu veröffentlichen. Mich traf der Schlag. Ich mein: hallo?! Foto! Zeitung! Da hätte doch ruhig jemand eher was sagen können. Meine Gastmutter brachte mich zum Büro der Vizedirektorin, welche meinte, dass leider keine Ahnung habe wo sich der Fotograf befinde. Ich sollte mich an die Englischlehrerin wenden. Wie passend, denn die erste Unterrichtstunde des Tages war Englisch. Aufgebracht erzählte ich Xjuscha und Lera vom bevorstehenden Zeitungsfoto und regte mich auf, dass hier wieder keiner im Voraus plant und einen vorbereitet.
Zu Beginn der Unterrichtstunde fragte ich meine Englischlehrerin (und YFU. Freiwillige) wo denn nun der Fotograf sei:
Sie: „Fotograf?“
Ich: „Ja.“
„Was für ein Fotograf?“
„Der, der mich für den Artikel fotografieren soll.“ Erwiederte ich mit einem Grinsen. Schon witzig, dass sie nie einen Durchblick hat, obwohl sie doch meine Schulzuständige ist…
„Ach der! Ja, der hat mich heute Morgen angerufen… Ich habe ihm aber gesagt, dass er morgen kommen soll! Er ist sowieso ein komischer Vogel, aber seine Bilder sind gut!“
„Also, was nun? Heute Foto oder morgen?“
„Keine Ahnung! Wahrscheinlich morgen…“
Ich lachte auf. Diese Unorganisiertheit ist einfach nur furchtbar - das kann man nur mit Humor nehmen. Xjuscha und Lera sahen mich grinsend an. Xjuscha meinte:
„Hihi! Charlotte dreht langsam durch!“ Und so begann der Englischunterricht mit dem Gelächter von drei Mädchen.

Besagter Fotograf kam dann am Donnerstagmorgen. Wir machten seltsam gestellte Fotos. So saß ich z.B.: Auf einem Stuhl, in der Hand ein Russischbuch und lächelte in die Kamera oder saß am Computer und grinste…weil man ja immer grinst wenn man am Computer arbeitet…
Ich bin mal gespannt wie der Artikel wird!

Freitag war wieder die „Oma“ mit ihrem Lebensgefährten zu Besuch. Wir unterhielten uns über deren finanzielle Situation. Seit Anfang des Jahres bekommen sie kein Geld mehr. Beide arbeiten in der selben Firma, in welcher, Anfang des Jahres, ein Führungswechsel stattfand. Seit diesem Zeitpunkt sind die Führungskräfte mit umorganisieren beschäftigt, was zur Folge hat, dass die Angestellten vorrübergehend nicht bezahlt werden. Man verspricht ihnen die vollständige Auszahlung der entstandenen Schuld, doch bisher haben sie noch keine Kopeke (Währung: 1Rubel = 100 Kopeken) gesehen. Es stimmte mich nachdenklich, dass man hier seit 3 Monaten kein Gehalt bekommt und dennoch weiter arbeitet. Wäre dieselbe Situation in Deutschland oder Frankreich, so bin ich mir ziemlich sicher, dass die Leute schon am streiken oder protestieren wären. Doch hier arbeitet man… wenn das nicht mal ein friedliches Völkchen ist…

Dascha hielt mich am Samstag ziemlich auf Trab. Die 9. Klassen schrieben das Probeexamen in Englisch, sodass ich frei hatte und sogleich das Vergnügen auf klein Daschula aufzupassen. Wir malten – oder sagen wir: „schmierten“ mit Wassermalfarben, lasen Märchen, tanzten, spielten verstecke usw. Woher nehmen Kleinkinder nur die Energie?! Wenn ich daran denke, dass ich ebenfalls so ein energiegeladenes Kleinkind war… meine armen Eltern… . Naja, jedenfalls, als meine Gastmutter nach Hause kam, war Dascha gut gelaunt und ich hatte sogar noch Zeit gefunden Krautnudeln zu kochen.
Nachmittags bekamen wir Besuch. Das Mütterchen, mit Mann und der Frau dessen Bruders beehrten uns. Die Frau des Bruders des Opas ist eine waschechte Dorffrau: klein, rund, gläubig und zahnlos. Außerdem spricht sie mit Dialekt. Ja: Ich bin auch ganz stolz, dass ich mittlerweile Dialekte heraushöre. Auf dem Dorfe spricht man hier meist noch auf der Volkssprache, der jeweiligen Republik z.B.: Tschuwaschisch oder Tartarisch. Und entsprechend von der Region, in welcher man lebt „okajut oder akajut“ man hier. Das bedeutet nichts anderes als das man Wörter verschieden ausspricht. Ein Beispiel:
Hier (und auch in Moskau) „akajut“ man:
„Verstehst du?“ Auf Russisch: „Ponimaesch?“ – So wird es kyrillisch geschrieben, doch hier spricht man: „Panimaesch?“ Wenn man „okajut“ spricht man: „Ponimaesch“
Übrigens ist es fantastisch, wenn man in einer Gegend lebt, wo die Leute „okajuten“, da man sich beim Diktat nicht immer die Frage stellen muss, ob man nun „a“ oder „o“ schreiben muss.
Zurück zum Besuch. Man unterhielt sich , zeigte alte Fotoalben- kurz: es war ein schöner, geselliger Abend.

Fazit: „Ich mache immer noch Fortschritte- zum Glück!“

Liebste Grüße

Lottchen

PS.: Das Wetter ist hier alles andere, als frühlingshaft. Die Temperaturen sind zwar schon bei –2 °C, womit ich nun meine deutsche Winterjacke trage, aber dennoch schneit es munter weiter….

Sonntag, 13. März 2011

Kölle Alaaf?

Ausschlafen. Den Tag verpennen. Zumindest hätte ein freier Tag bei mir in Deutschland so ausgesehen. Hier schlurfte ich bereits 8 Uhr an den Frühstückstisch, da Dascha fröhlich auf eine Trommel einschlug und laut sang (nun, sagen wir: schrie).
Den gesamten Montag verbrachten wir beim Mütterchen, machten Essen, aßen, sahen fern und plauderten.
Abends gingen meine Gastmutter, Dascha und ich noch Einkäufe erledigen. Meine russische Mutter hatte mich gebeten eine Torte zu backen, denn am nächsten Tag war weltweiter Frauentag. Wenn ich schon gebeten werde eine Torte zu backen, dann sollte es schon eine deutsche sein. Die einzige deutsche Torte, welche mir einfiel: Schwarzwälder Kirschtorte. Meine Großtante hatte diese mal in einer kleineren Ausgabe gebacken, also setzte ich mich vor über einer Woche mit ihr in Kontakt und entlockte ihr das Rezept. Seit besagter Woche klappern meine Gastmutter und ich nun Geschäfte ab. Versucht mal eine deutsche Torte in Russland zu backen - es verlangt viel Improvisation:
- Weizenstärke kennt man nicht - gut nehmen wir also Kartoffelstärke
- Runde Backformen, mit abnehmbaren Rand (für einfaches herauslösen der Torte samt Belag) haben wir in keinem Geschäft gefunden. Ich bastelte also eine herausnehmbare Form in der Backform, um den Tortenboden samt Füllung unversehrt heraus heben zu können.
- Kirschen im eigenen Saft (z.B.: im Glas) gibt es nicht. Auch Sauerkirschsaft gibt es nicht. Also nahm ich eingefrorene Kirschen, entsteinte sie per Hand und fügte Süßkirschsaft hinzu.
- Schlagsahne. So viele Umstände wegen Sahne, welche man selbst schlagen kann. Nirgends gab es dieses für mich so gewöhnliche Lebensmittel. Doch schließlich wurde ich im EuroSpar fündig.

Noch am selben Abend begann ich die Torte zu backen, damit die Füllung über Nacht fest werden konnte.

Dienstag war dann also weltweiter Frauentag. An diesem Tag machen hier ausnahmsweise mal die Männer das Essen und überraschen ihre Lieben mit ach so unerwarteten Pralinen und Blümchen. Da aber der Mann meiner Gastmutter weit weg lebt, sind wir ein reiner Frauenhaushalt und die ganze Arbeit blieb wieder an uns kleben. Wenigstens rief ihr Mann an und gratulierte allen zum Frauentag.
Nach dem Frühstück schloss ich die Arbeiten an der Torte ab und war, mit dem rein optischen Ergebnis, durchaus zufrieden.
Gegen um eins kam Sascha - er würde heute Sushi für uns machen. Er betrat die Wohnung und schenkte meiner Gastmutter und mir eine gelbe Rose zum Festtag - seine Angebetete bekam eine rosafarbene Rose.
Wir schnippelten, kochten, rollten (Sushi) also weiter, denn es hatten sich Gäste angekündigt. Gegen zwei sollten die „Oma“ und ihr Lebensgefährte zu Besuch kommen; zumindest in der Theorie. Eine Viertelstunde vor um drei waren sie dann auch in der Praxis eingetroffen. (Verspätung ist hier normal und nicht weiter schlimm) Wir begaben uns zu Tisch und aßen. Die Torte ist wunderbar gelungen und wurde für „großartig, luftig, fruchtig und ausgezeichnet“ befunden. Meine Gastmutter bat mich sofort an Daschas Geburtstag wieder zu backen. Hihi. Die Torte war aber auch lecker! Danke noch mal, an die ausgezeichnete Hobbykonditorin, welche mir das Rezept gab. :)
Xjuschas Bruder ließ sich am späteren Abend blicken, auch er befand meine Torte für sehr lecker und machte große Augen, als er erfuhr, dass ich sie allein gebacken habe. Wir haben ihn übrigens seit Neujahr nicht mehr gesehen, da er mit Schenja nach Wolgograd verreist war, um dort ein eigenes Unternehmen zu gründen. Nach einem Monat wurden sie bereits von Konkurrenten überfallen und so verzögerten sich die Formalitäten und seine Rückkehr etwas. Übrigens: Es ist schon seltsam, wenn man sagen kann: „Ich habe ihn seit zwei Monaten nicht gesehen.“ Denn das wiederum verdeutlicht, wie groß der Zeitraum geworden ist, welchen ich hier schon verbringe.
Torte und Sushi




Lotte und Torte



In der Schule ist mittlerweile Zickenkrieg bzw. albernes Pubertätsgehabe ausgebrochen. Ich war so froh, als das Lästergehabe in Deutschland gegen Ende der 10. Klasse endlich ein Ende hatte, und jetzt das ganze noch mal - nur verschärft. Es ist wie in einer schlechten Comedy:
Die Mädels meiner Klasse haben Xjuscha und Lera nicht zum professionellen Fotoshooting eingeladen. Und nun reden beide Seiten nicht mehr miteinander und hecken Rachefeldzüge aus. Schrecklich. Ich halte mich da raus. Nicht mein Krieg. Da bin ich schon rausgewachsen…

Das erinnert mich übrigens an eine ähnliche Begebenheit während meines 10tägigen St. Petersburg-Austausches, als ich 15 war. Wieder wie eine schlechte Comedy:

Dascha und Mascha waren verliebt in Mischa. Dascha und Mascha waren einst Freundinnen und konnten sich nun aber nicht mehr ausstehen. Mischa musste sich entscheiden. Er entschied sich für Dascha. Mascha war kreuzunglücklich und sprach mit beiden kein Wort mehr. Auch Dascha redete nicht mehr mit Mischa, da Mischa schließlich ihre Freundin, Mascha, verletzt hatte, in dem er sie, Dascha, ausgewählt hatte.

- ohne Worte -


Da am Donnerstag die Probeexamen der 9. Klasse stattfanden, tuckerte ich nur wegen einer Russischstunde zur Schule. In der Pause fing mich die Englischlehrerin (und YFU- Freiwillige) ab und meinte: „Morgen kommt eine Reporterin und befragt dich. Komm also bitte nach der zweiten Stunde in mein Kabinett!“ Ich bin ganz ruhig…nichts kann mich stören… klasse… Interview auf Russisch… in diesem Moment war mein Kopf zu aussagefähigeren Gedanken nicht in der Lage.
Am nächsten Tag fand ich mich also in ihrem Kabinett ein. Ich war seltsam entspannt, denn schließlich glaubte ich das Interview würde maximal die Pause beanspruchen. Man stellte sich gegenseitig vor und nahm am gedeckten Teetisch platz. Die Reporterin ist eine nette, kleine, schlanke Frau mit braunen Haaren, im Alter von ca. 40 Jahren. Sie interviewt jedes Jahr die Austauschschüler dieser Schule. Noch vor Beginn des Interviews lobte die Englischlehrerin meine größtenteils akzentfreien Russischkenntnisse in den Himmel. Die zufällig anwesenden Lehrerinnen stimmten eifrig zu und ergänzten noch:
„Die Amerikanerin war wirklich eine verwöhnte Göre! Du bist da schon eher eine von uns!“
Vielen Dank. Dennoch mag ich es nicht, wenn meine Fähigkeiten, vor Fremden, gepriesen werden, da ich dadurch unter Druck gesetzt werde dies zu beweisen und ich weiß, dass ich noch häufig Fehler mache. Die Englischlehrerin schien meine Gedanken zu lesen und meinte: „Sie selbst glaubt natürlich nicht, dass sie gut Russisch kann.“ Ich grinste verlegen. Die Reporterin öffnete den Notizblock und schaltete das Diktiergerät ein. So viele Fragen. Standardfragen und völlig neue:

Warum bist du in Russland?
Wieso hast du dich damals entschieden Russisch zu lernen?
Welchen Beruf willst du mal ausüben?
Was gefällt dir/ nicht?
Stimmt es, dass man russische Touristen sofort erkennt? Woran?
Was ist hier dein Lieblingsessen?
Vermisst du jemanden/ etwas?
Was liest du?
Deine Hobbies ?
Freunde ?
Und du glaubst wirklich schlecht Russisch zu können?? Als sie das sagte, grinste sie mich ungläubig an….
Usw.

Nach über 60 Minuten fühlte ich mich wie ein Schweizer Käse. Durch die ganze Fragerei habe ich völlig vergessen wie die Zeitung heißt, für welche sie schreibt. Ich werde noch mal nachfragen.

Nach der Schule machte ich Schokopudding. Ich habe vor kurzer Zeit festgestellt, dass man diese Süßspeise hier nicht kennt. Unvorstellbar!! Das muss man natürlich sofort ändern - ist nur etwas schwierig, wenn man nicht mal eben Puddingpulver kaufen kann, da dieses hier durch Abwesenheit glänzt. Wiedereinmal fragte ich bei meiner Großtante nach. Sie antwortete. Ich kochte.
Am Abend probierten meine Gastmutter, Xjuscha, die „Oma und ihr Lebensgefährte meinen Schokopudding mit Bananenstückchen. Sie waren begeistert. Die zweifelnden Gesichter beim Anblick des braunen Wackelzeugs waren wirklich niedlich.
Die „Oma“ und ihr Lebensgefährte übernachteten bei uns, da am Samstag wieder jemand auf Dascha aufpassen musste.

Ausschlafen. Den Tag verpennen. Um 7 Uhr saß ich am Frühstückstisch und das obwohl ich wieder nicht zur Schule musste, da die Probeexamen in Russisch geschrieben wurden. Den Tag über las ich, lernte, machte Hausaufgaben und spielte mit Dascha.

Fazit: „Pudding kennt man in Russland nicht.“

PS.: Das Karneval ist, fiel mir erst auf, als meine Mutter mir eine E-Mail schickte in der sie von Pfannkuchen „Helau“ sprach. Dieses Fest feiert man hier nicht - nicht einmal die Kinder.

Und noch ein besonderer Gruß an meinen Opa, welcher gestern Geburtstag hatte. Noch einmal alles Gute! :)

Sonntag, 6. März 2011

Nett lächeln und winken...

Wenn man der einzige Austauschschüler an einer Schule ist, sind zwangsläufig –auch nach mehr als 6 Monaten- alle Augen auf einen gerichtet. Manchmal fühlt man sich wie ein seltenes Ausstellungsstück. Ihr könnt euch nun vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als ich mit meinem neuen Haarschnitt, am Montag, das Schulgebäude betrat. Ich hatte niemandem etwas von meinem Haarkürzungsvorhaben gesagt, sodass das Erstauen groß war. Man meinte allerdings einstimmig, dass mir die neue Frisur stehen würde- zum Glück!
Übrigens habe ich hier wirklich ne Fangemeinde- und das meine ich so, wie ich es schreibe. So ließ sich ein Mädchen die selbe Frisur schneiden und präsentierte mir anschließend stolz das Ergebnis. Äh…ja… - wenn man keine Antwort weiß: nett lächeln und winken...
In Russisch bekamen wir ein Diktat wieder. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass der in blau verfasste Text in rot erleuchtet, da ich einfach zu viele Fehler mache. Doch diesmal waren es nur läppische 10 Fehler! Das kann ich an meinen Fingern abzählen! Jeha!!

Übrigens hat sich die nächtliche Außentemperatur um stolze 27 Kelvin erwärmt! So freuen wir uns hier jetzt über Temperaturen um –10 Grad. Allerdings schneit es oft und lässt die Schneedecke, unter welcher die so herbeigesehnten Frühblüher schlummern, weiter anwachsen. Da man hier nicht immer den Schnee wegräumt, sondern diesen oft nur platt walzt, muss man mittlerweile Treppen in den Schnee hineinarbeiten, damit der Unterschied zwischen Fußweg und Straße überwunden werden kann.

Treppe aus Schnee- nur aus Schnee

Und da wir gerade bei Neuigkeiten sind: Ich habe mir ja kürzlich die Übungshefte gekauft. Dies hat meine Gastmutter so begeistert, dass sie vorgeschlagen hat mir jeden Abend bei den Aufgaben zu helfen, denn schließlich sei sie Russischlehrerin und das sollte man ausnutzen. Dankbar nehme ich diese Chance natürlich wahr!

Bald ist Internationaler Frauentag. Das wird hier richtig gefeiert! Während sich bestimmt mehr als die Hälfte der männlichen Leserschaft gerade fragt, wann genau eigentlich dieser Festtag begangen wird, gibt es hier sogar schulfrei deswegen! Am Freitag wurden alle Unterrichtsstunden auf 30 min gekürzt. Schüler verschenkten Pralinen und Blumen an die weiblichen Lehrkörper. Auch ich verschenkte Schokolade an meine Biologielehrerin - schließlich muss ich mich irgendwie für das ständige Teetrinken revanchieren.
In der fünften Stunde gratulierten uns die männlichen Mitschüler meiner Klasse und wir aßen gemeinsam Kuchen. Dann gingen wir ins Kino und sahen uns eine kitschige Standardliebesschnulze an, welche ich mir nie angesehen hätte, wenn die Gesellschaft nicht so gut gewesen wäre. Anschließend gingen wir noch ins McDonalds und spazierten etwas durch das verschneite Cheboksary.

Samstag mussten wir nicht zur Schule. Es war wiedereinmal „Tag der Gesundheit“ - witzig das der Tag, an welchem keine Schule stattfindet, ausgerechnet als „gesunder Tag“ bezeichnet wird.
Auch nächste Woche Montag und Dienstag müssen wir wegen des Festtages am 8. März nicht zur Schule!! Haha! Ich habe übrigens vor, eine kleine Schwarzwälder Kirschtorte zu backen. Das Rezept hat mir meine Großtante gegeben (Danke noch mal an dieser Stelle). Ich mache mir etwas Sorgen, ob mir das gelingt. Nein, nicht, weil ich an meinen Backkünsten zweifle, sondern weil es hier nicht die nötigen Zutaten gibt. Z. B.: Sauerkirschen im Glas (+eigener Saft) gibt es nicht - allgemein eingekochte Früchte scheint es nicht zu geben, Puddingpulver, Weizenstärke gibt es nicht! Hinzu kommt, dass man hier üblicherweise Torten und Kuchen in Pfannen bäckt (kein Scherz! Man entfernt den Plastikgriff der Pfanne und stellt sie in den Ofen). Diese Vorgehensweise ist allerdings etwas ungünstig, wenn man den Teig, mit Puddingschicht, im ganzen aus der Pfanne holen möchte. Interessehalber ging ich also in ein paar Geschäfte und erkundigte mich, ob es Backformen gäbe, bei welchen man den Außenring öffnen kann, um den Kuchen problemlos aus der Form zu schieben. Gibt es nicht. Ich lass mich also überraschen, ob mir etwas Tortenähnliches gelingt.

Und da wir gerade bei süßen Naschereien sind:
Ich liebe „Masleniza“! Die ganze Woche Eierkuchen: dicke, dünne, mit Schokolade, Marmelade, Zucker, süßem Quark, Früchten, als Sandwichturm, usw. … ich liebe Eierkuchen!!! Im Zuge dieser Festlichkeit gibt es in Cheboksary mehrere Orte, an denen man kostenlos Eierkuchen essen kann! Das ist soo klasse!!! :D Wie schade das der ganze Spaß am Montag schon ein Ende hat!

Soviel zu den Neuigkeiten aus dem verschneiten Cheboksary.

Fazit: „Man kann durchaus eine Woche Eierkuchen essen, ohne dass diese einem zu den Ohren wieder heraus kommen! :)“

PS.:
Sportunterricht = Skilanglauf!