Freitag, 10. September 2010

Das Telefonat

In der ersten Stunde des Tages, welche Physik war, wurden wir von einer Inspektorin belehrt. Sie belehrte uns über das Verhalten im öffentlichen Raum. Ich verstand nur so viel, dass nach 22 Uhr nicht mehr auf den Straßen herumgelaufen wird und dass Alkoholkonsum untersagt ist- die üblichen Verhaltensregeln also. Während ich mit halbem Ohr der Rede, welche ich nicht verstand, zuhörte, ließ ich meinen Blick schweifen. Er blieb an den Diplomen an der Klassenzimmerwand hängen. Sehr auffällig waren hier weiß, blau und rot- die Farben der russischen Flagge- eingearbeitet. Überhaupt ist die häufige Verarbeitung dieser Farben in Lehrbüchern oder Diplomen sehr auffällig. Mein Blick wanderte weiter und blieb an den Bildern wichtiger Physiker stehen. In jedem Klassenzimmer hier sind Bilder wichtiger Persönlichkeiten des entsprechenden Lehrfachs aufgehängt. Ich persönlich finde das gut- quasi eine „Auf- einen- Blick- Zusammenfassung“.

In der Mittagspause sah ich, wie sich die Mädchen gegenseitig die Haare flochten- ein Anblick an den man sich mittlerweile gewöhnt- wenn auch in Deutschland undenkbar.
Wir gingen in die Kantine. Heute fiel mir zum ersten mal auf, dass man einen direkten Einblick in die Küche hat. Dort stehen große Töpfe- das Kochwasser wird eimerweise hinzugegeben. Ein faszinierender Anblick. In Deutschland habe ich maximal gesehen, wie die Kantinenfrauen die Folie vom gelieferten Essen abzogen.
Während ich meinen „Plov“ aß (russisches Reisgericht mit Fleisch, sehr lecker) winkte mir breit grinsend ein Kind aus der Klasse zu, von welcher ich mich gestern hatte löchern lassen müssen. Sehr niedlich.
In Deutsch hatten wir Aufgaben bekommen, die Lehrerin war entschuldigt. Ich war sehr gefragt. Jeder wollte die Antworten zuerst wissen und fünf mal wiederholt, da man nicht gleich verstand. Sehr anstrengend, wenn so viele auf einen einreden und man nicht weiss, welchem man zu erst helfen soll, aber es tat irgendwie ganz gut zwischen all der Sprachunsicherheit in Russland sich daran zu erinnern, dass es anderen genau so geht.

Nach der Schule war ich zusammen mit Lera und Ksjoscha bei Ksjoschas Freund Sascha eingeladen. Er geht an dieselbe Schule wie wir und lernt Deutsch. Er nutzte die Gelegenheit, um ein bisschen mit seinem Deutsch zu punkten und erzählte seine Verwandten seien Deutsche. Alles in allem ein sehr netter Junge- hiermit also offiziell aus meiner Sicht für Ksjoscha für gut befunden.
Bei ihm in der Wohnung schlugen wir uns den Bauch mit russischem Gebäck und Konfekt voll. Wir blieben bis um vier, dann fuhren Ksjoscha, Sascha und ich zu unserer Wohnung.
Der Bus war wie gewohnt rappelvoll. Aber das Prinzip der öffentlichen Verkehrsmittel scheint wenigstens in Russland zu funktionieren.
In der Wohnung angekommen, telefonierte ich via Skype mit meinem Freund und überließ Ksjoscha und Sascha unser Zimmer. Das Telefonat tat sehr gut- zumal ich so von Sascha und Ksjoscha abgelenkt war. Als meine Gastmutter nach Hause kam kochten wir zunächst gemeinsam und aßen dann zu Abend. Auch sie scheint Sascha für gut zu befinden.

Den Sandmann sahen wir auch. Übrigens ist dieser nicht wie sein deutscher Kollege. Zuerst erfolgt eine Anmoderation durch niedliche Plüschtiere und eine aufgestylte Moderatorin und dann eine kurze Geschichte. Heute kam wieder eine Folge „Mascha und Bär“. Sehr lustig. Kurz zusammengefasst ist Mascha ein kleines Mädchen, welches dem Bär permanent auf die Nerven geht und seine Tagespläne (z.B. Angeln) zerstört ohne es tatsächlich zu beabsichtigen. Zum Schluss gibt’s meistens ne Moral und der Bär hat Mascha trotzdem noch lieb. Nach der Geschichte kommt noch ein Gute-Nacht-Lied und Schluß. Also eigentlich nichts mit Sandmann.

Tagesfazit: „Mein Blog wird kürzer, wenn ich nicht so viel Zeit zum schreiben habe.“

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