Heute war der zweite Samstag, an welchem ich zur Schule musste. Ich frage mich, ob ich mich jemals daran gewöhne. Heute war kein Gedränge in der Bakterienkutsche. Ein Sitzplatz war aber nur für Ksjoscha möglich. Ich stand am anderen Ende des Busses, an meinem Lieblingsplatz und sah aus dem Fenster. Ein Mann mit einer unglaublich beißenden Fahne stieg ein und fiel prompt auf mich. Bevor der volltrunkene Koloss mich völlig unter sich begrub, eilten mir zwei Kerle zu Hilfe und setzten den Trunkenen an der nächsten Bushaltestelle zum Ausnüchtern ab. Ich bin ganz froh, dass russische Männer zum „Frauenbeschützer“ erzogen werden. Nun ja- kleiner Schock am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Dieser Mann war übrigens der Einzige, welchen ich hier bisher betrunken erlebt habe. Auch trinken oder rauchen habe ich noch keinen gesehen. Vermutlich wird das hier alles heimlich praktiziert.
In der Schule angekommen, begrüßten mich meine Freundinnen herzlich mit: „Scharrlii!“ Ja ihr habt euch nicht verlesen- Charly ist ab jetzt mein hiesiger Spitzname. Auch ich bin etwas darüber enttäuscht, dass er so „unrussisch“ ausfiel.
In der Schule angekommen, begrüßten mich meine Freundinnen herzlich mit: „Scharrlii!“ Ja ihr habt euch nicht verlesen- Charly ist ab jetzt mein hiesiger Spitzname. Auch ich bin etwas darüber enttäuscht, dass er so „unrussisch“ ausfiel.
Hier ein Bild von der Schule- diesmal aus einer anderen Perspektive
An dieser Schule lernen übrigens ca. 1000 Schüler!
Die erste Stunde war Informatik. Heute herrschte allgemeine Schläfrigkeit, weshalb ich permanent an Deutschland denken musste und daran, dass ihr alle noch schlaft, während ich die Schulbank drücken muss. Der Schultag zog sich endlos hin. Und dass, obwohl die Pausen an einem Samstag verkürzt sind und wir nur fünf Unterrichtsstunden hatten.
Da die Schulspeisung am Samstag geschlossen ist, mussten Ksjoscha und ich in das Klassenzimmer meiner Gastmutter, um dort zu essen. Ksjoschas Mutter gab uns Pizza und eine Art Hot Dog. Während des Verzehrs schauten wir dem Unterrichtsgeschehen zu und grinsten die Kinder an, welche sich ab und zu umdrehten, meinen Namen flüsterten und winkten. (Von der selben Klasse hatte ich mich vor ein paar Tagen löchern lassen müssen- erinnert ihr euch?)
Noch in der selben Pause suchte Ksjoscha einen Stift in meiner Federmappe. Sie stieß dabei auf eine Tintenpatrone. Sie nahm sie. Schaute sie an. Sah mich an. Schaute auf die Patrone und fragte schließlich : „Was ist das?“ Ich bekam mich fast nicht wieder ein! Jemand der nicht weis, was eine Tintenpatrone ist! Aber auch die anderen aus meiner Klasse konnten diesem Ding keine Funktion zuordnen. Ich nahm einen Füller aus meiner Federmappe. Man betrachtete in neugierig. Probierte das Schreiben aus und befand ihn für gut. Man erklärte mir, dass es einen Füller - geschweige denn eine Tintenpatrone - ihres Wissens nach hier nicht gäbe.
Sachen gibt’s, die gibt’s gar ni!!
Als wir nach Schulende in der Wohnung ankamen, schliefen meine Gastmutter und Dascha. Ksjoscha und ich nutzen die Gelegenheit, um auch etwas auszuruhen: Schule und Dascha- dass kann schon sehr anstrengend sein. Nach ca. einer Stunde weckte mich meine Gastmutter. Katja (YFU- Zuständige) hätte angerufen und würde sich gern mit allen um 5 im McDonald's treffen. Da es bereits um vier war, machte ich mich auf den Weg. Zuvor musste ich meiner Gastmutter versichern, selbigen überhaupt zu kennen. Ich fuhr also mit dem Trolleybus bis zur entsprechenden Station und lief danach ein kurzes Stück bis zum Mc Donald. Alles klappte reibungslos. Im Mc Donald waren wir insgesamt zu fünft. Wenn man noch den Jungen, welcher in Kazan untergebracht ist, dazunimmt, so sind es immerhin stolze 6 Schüler, welche mit YFU nach Russland wollten. Das ist wahrhaftig nicht viel. Aber so war es eine gemütliche Runde. Ich musste etwas schmunzeln. Eine Deutsche sitzt in Russland im Mc Donald und unterhält sich englisch- zudem kann sie sich englisch (im Gegensatz zu russisch) mühelos verständigen. Wir wurden noch einmal belehrt, was wir dürfen und was nicht. Katja fragte uns wie wir in der Schule und in der Familie zurechtkommen und ob es Probleme gäbe. Ich habe keinerlei Probleme. Ich verstehe vor allem im Unterricht nicht viel- aber in meiner Familie fast alles. Meine Gastmutter ist wirklich sehr lieb. Dascha ist zum knutschen- wenn auch hin und wieder nervig. Ksjoscha ist eine Freundin geworden. Ich komme mit der Familie wunderbar klar…bis jetzt… noch kenne ich die übrigen Familienmitglieder nur flüchtig- aber ich denke: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ also können betreffende Großeltern auch nach mehrmaligem Treffen nicht schrecklich sein.
Als ich mich auf den Rückweg machte, dämmerte es bereits. Es war gerade mal um sieben. Katja hatte uns noch erzählt, dass Austauschschüler während ihres Austauschjahres bis zu 15Kg zunehmen. Da ich das auf keinen Fall will, werde ich wohl ab nächstem Monat ein Fitnessstudio (oder was es auch immer in der Richtung hier gibt) suchen, um nicht als „doppeltes Lottchen“ nach Hause zu kommen.
Auf dem Weg zur Wohnung habe ich ein Sorte Auto fotografiert, welche man hier öfter sieht- aber bei euch in Deutschland nie. :)
Ich kam ohne Zwischenfälle in der Wohnung an, erzählte meiner Familie wie das Treffen war und aß etwas. Meine Gastmutter erzählte mir, dass Dascha erhöhte Temperatur habe. Nun ist Dascha also auch krank. Obwohl- mir geht es schon besser. Ich muss kaum noch husten und meine Halsschmerzen halten sich in Grenzen. Die Ironie hierbei ist, dass es seit dem Absetzen der Medikamente besser geworden ist.
Da heute Samstag ist, werde ich ohne Sandmann ins Bett müssen.
Gute Nacht!
Tagesfazit: „Ich werde kein doppeltes Lottchen!“
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