Mittwoch, 27. Oktober 2010

Fanpost!

Es war wieder einmal Schuluniformpflicht angesagt. Eigentlich ist es das hier jeden Tag. Jeder Schüler sollte ein weißes Oberteil und schwarze Hosen tragen…nur hält sich kaum jemand daran. Doch am Montag war es ernst. Jeder der nicht in Schuluniform erschien, würde fotografiert und im Schulhaus ausgehängt werden. Ich dachte also, heute würden alle brav in schwarz- weiß gekleidet sein. Pustekuchen. Fast ein viertel der Schüler lief immer noch in Jeans und Pulli durch die Schule- bin mal gespannt, wann die Fotos ausgehängt werden. Die Schuluniform ist faszinierend neu für mich, denn an meiner deutschen Schule gab es diese –zum Glück- nicht. Auch neu für mich ist der „Diensthabende Schüler“. Darunter versteht man, dass der Schüler zur Aufsichtsperson wird. Jede Woche ist eine andere Klasse eingeteilt. Diejenigen, welche „im Dienst“ sind müssen:
- am Morgen das Begrüßungskommando im Foyer sein
- in den Pausen die Fluraufsicht führen
- groben Müll von den Schulfluren entfernen
Ein Vorteil hat es dennoch für den Schüler: wenn er „im Dienst“ ist, wird er an der Schulcafeteria sofort bedient und muss nicht warten. Es ist wirklich sagenhaft was jede Pause an der Cafeteria passiert. Sobald die Pausenglocke schrillt, spurten Schülerscharen an die Cafeteriatheke, drängeln und quetschen, wedeln mit ihren Geldscheinen und jeder will zuerst an der Reihe sein. Es erinnert an einen türkischen Basar. Wenn ich mir überlege, dass man in England sogar an der Bushaltestelle in einer Reihe ansteht…also da könnte man sich hier doch wirklich mal 'ne Scheibe abschneiden!


Mein Vater hat Hamley natürlich nicht ohne Hintergedanken mitgeschickt - natürlich muss ein Bild mit russischem Hintergrund aufgenommen werden. Hier also Hamley in Russland. Er sieht etwas geschafft aus- aber die Kirche im Hintergrund macht das wieder wett...


Ein weiteres Paket trudelte am Dienstag ein. Ein Paket meiner Großeltern mütterlicherseits. Inhalt: ein Brief, eine rosa Weste für Dascha (die hier alle total klasse finden- meine Gastmutter bedankt sich tausendfach bei euch, Oma und Opa), ein roter Pulli für Ksjoscha, Entspannungstee für mich, sowie eine warme Mütze und dicke Socken (werde ich sicher gebrauchen können), viel Schokolade, Kakao und eine silberne vierblättriges- Kleeblatt- Brosche, welche mir Glück bringen soll. Vielen, vielen Dank! Ich freue mich sehr darüber!! Socken und Mütze werden ich sicherlich bald Verwendung finden, das Kleeblatt trage ich bereits und Teile der Schokolade sind nun schon an einem besseren Ort.
Übrigens ist „Paket bekommen“ hier ein viel größerer Aufriss, als in Deutschland. Zunächst findet man einen Zettel der zuständigen Poststelle im Briefkasten. Anschließend muss ein Erwachsener des Haushaltes mit Pass zum Postamt. Dort werden Formulare unterschrieben und Pass kontrolliert- erst dann wird das Paket ausgehändigt. Nichts mit mal eben aus der Haustür treten, Unterschrift leisten und Paket entgegennehmen…


Als ich am Mittwoch nachsah, ob ich neue e-Mails bekommen habe, traf mich der Schlag. Fanpost. Ernsthaft. Fanpost. Beim Sprachenfestival hatte ich meinen Namen bei einer russischen Chat–Community angeschrieben, um eine Kontaktierungsmöglichkeit zu bieten. Und nun hatte ich 10 Freundschaftsanfragen und mindestens genauso viele Mails. Man schrieb mir wie sehr unsere Präsentation gefallen hätte, dass ich gut russisch könne, alles was mit Deutschland zu tun hat Klasse ist und man mich unbedingt näher kennen lernen wolle. Dabei wurden unglaublich viele Smileys, Küsschen und Ausrufezeichen verwendet. Ich antwortete allen- mal sehn wie das weiter geht…

Am Abend kam noch ein Schulfreund meiner Gastmutter zu Besuch. Er meinte, er habe schon von seinem Sohn (welcher in meine Klasse geht) gehört, dass ich gut Russisch könne und würde dies bestätigen. Wir aßen zu Abend. Meine Gastmutter und der Gast sprachen angeregt über vergangene Zeiten.
Nach dem Essen bedankte ich mich –wie immer- für die Mahlzeit (das ist hier so üblich- sogar die eigenen Kinder sagen immer brav danke nach einer Mahlzeit). Meine Gastmutter sah mich begeistert an und meinte: „Hör mal! Bald sprichst du akzentfrei!“ Und wieder einer mehr der mich für gut russisch sprechend hält…und dabei habe ich immer noch nicht das Gefühl sonderlich wortgewandt zu sein.


Fazit: „Deutschland ist ja so klasse!“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen