Freitag, 6. Mai 2011

Volksschule





Nun also endlich der langersehnte Blogeintrag zu meinem Ostererlebnis in Russland:
Ostern ist hier einer der wichtigsten Feiertage, weshalb sich auf diese Feierlichkeit gründlich vorbereitet wird. Zum Beispiel nimmt man das Fasten hier sehr ernst. Sogar ind er Schulkantine wurde eine extra „fastengerechte“ Mahlzeit angeboten!
Vor dem Ostersonntag wird die Wohnung gründlichst geputzt, gewienert und gebohnert.
Für den Feiertag der Auferstehung Jesus Christus hatte sich bei uns die gesamte Familie angekündigt- nur mein Gastvater wurde nicht in den Urlaub entlassen, weshalb er nicht kommen konnte.
Wie immer stand ich, dank Dascha, an einem Sonntag gegen 8 Uhr auf. Es gab eine Menge vorzubereiten, denn schließlich muss man die Meute irgendwie satt bekommen. Ich half also meiner Gastmutter und machte Sushi. (wer hätte gedacht, dass ich die Zubereitung von Sushi ausgerechnet in Russland erlerne…).
Als Xjuscha sich gegen 11 endlich aus dem Bett bewegte meinte meine Gastmutter:
„So, ihr könnt jetzt suchen gehen!“
Xjuscha: „Was hast du denn verloren?“
„Nichts. Scharlotta hat erzählt, dass man an Ostern in Deutschland Süßigkeiten und kleine Geschenke versteckt, also könnt ihr jetzt suchen gehen.“

Ich freute mir ein Loch in den Bauch- ist schon süß, was meine Gastmutter manchmal so amcht, damit ich mich heimisch fühle. –Sie versteckte übrigens eine kleine Schokoladentafel für jeden.
Gegen 1 kamen dann die „Oma“ und ihr Lebensgefährte und halfen beim schnippeln und kochen.
Um 3 kamen dann die Gäste: Mütterchen und ihr Mann, die beiden Schwestern meiner Gastmutter mit Familie und noch weitere Personen, deren genaue Position im Familienstammbaum ich vergessen habe. Wir nahmen Platz am Tisch. Als die „Oma“ den Blick über den, mit Essen zugestellten, Tisch schweifen ließ, meinte sie zu mir:
„An Ostern werden hier sehr viele ins Krankenhaus eingeliefert.“
Ich (verdutzt): „Wieso?“
„Heute endet die Fastenzeit und überall sind die Tische so reicht gedeckt wie hier. Der Grund für die Einliferungen ins Krankenhaus ist schlicht und ergreifend: man überfrisst sich.“

Haha. Ich bin bald nicht mehr geworden! :D
Um euch vorstellen zu können, was hier ein „reichgedeckter“ Tisch ist, beschreibe ich euch, was auf der Speisekarte stand:
3 Salate, Obst, Gemüse, Brot, Wurst und Käse, Sushi, Fleischpirogen, Apfelpirogen, Plow, Huhn, eine Torte, Schokolade und Russischer Zupfkuchen. Letzteres habe ich zum Festessen beigesteuert (Danke an meine Großtante, welche wieder das Rezept beigesteuert hat :)). Diesen Kuchen kennt man hier übrigens nicht und er fand höchste Begeisterung. Ich bekam sogar einen Handkuss, vom Lebensgefährten der „Oma“, welcher begeistert meinte, dass in Deutschland mir die Kerle bestimmt in Scharen hinterher laufen, bei solchen Kochkünsten. Hihi.
Nachdem Xjuscha und ich kurz vorm platzen waren, gingen wir zu Xjuschas Vater, um uns dort wieder an einen gedeckten Tisch zu setzen und zu platzen.
Übrigens begrüßt man sich an Ostern nicht mit „Hallo“ sondern mit: „Christus ist auferstanden“ und man erwidert: „Wahrhaftig auferstanden.“
Es war ein wundervoller Tag.





Selbst an der Kirche wurde über der Tür der Schriftszug "Христос Воскрес" (Christus ist auferstanden) angebracht.







Man färbt hier übrigens auch Eier un verschenkt sie sogar. Dies hatte allerdings zur Folge das ca. 20 Schüler meiner Gastmutter beschlossen ihr jeweils ein Ei zum Osterfest zu schenken, auch Verwandte schenkte die kleinen Kunstwerke. Es gab bei uns anschließend alle Variationen von Eiergerichten....





Die darauffolgende Woche verlief ohne besondere Ereignisse, nur am Donnerstag hatten wir Schulfrei, da die 11. Klassen bereits in einem Fach ihre Abschlussprüfung ablegten- die restlichen Fächer werden Ende Mai/ Anfang Juni geprüft.
Ich nutzen den wunderbar sonnigen Tag um viele kleine, geheime Mitbringsel für ganz geheime Verwandte zu besorgen. :)
Am Wochenende (ist ja leider nur Sonntag) ging ich mit Xjuscha an der Wolga spazieren und widmete mich lästigen Hausaufgaben.


Montag holte ich wieder mal Daschenka vom Kindergarten ab. Den ganzen Heimweg sprudelte sie fröhlich vor sich hin und wiederholte dabei immer wieder: „Wir fahren mit Papa in den Süden!“ Und das stimmt. Mein Gastvater hat endlich Urlaub bekommen, weshalb meine Gastmutter, er und seine Tochter ans Schwarze Meer fahren.
Die überglückliche Dascha und ihre Mutter verließen am Dienstagabend die Wohnung. Man belehrte Xjuscha und mich auf die „Oma“ zu hören (welche nun auf uns aufpassen wird) du verschwand schließlich in Richtung Moskauer Flughafen.

In Russisch lernte ich etwas- meiner Meinung nach- wirklich interessantes. Und zwar: Im Lehrbuch stand geschrieben, dass man in Deutschland, wenn man etwas an einer Hand abzählt, mit dem Daumen beginnt und die Finger dabei ausstreckt. In Russland beginnt man mit dem Kleinen Finger und klappt die Finger während des Zählens ein. Mir ist zuvor nicht mal in den Sinn gekommen den Daumen nicht als ersten, sondern als letzten Finger einer Hand anzusehen…




Was das Wetter hier angeht, so kann ich folgendes sagen: Hurra! Der Schnee ist endlich weg! Allerdings hat das den unerwünschten nebeneffekt, dass nun die im Schnee versteckten Müllberge, verursacht durch Ignoration der Mülleimer, zum Vorschein kommen. Ich hab das mal für euch fotografiert- so sieht es hier fast überall aus, aber die Aufräumarbeiten laufen bereits.









Übrigens: Das Zeitungsinterview wurde gedruckt. In der Zeitung «Народная Школа» „Volksschule“ fülle ich nun eine gesamte A 4 Seite und im nächsten Heft folgt die Fortsetzung. Ich habe euch den Text übersetzt, wobei ich anmerken muss, dass meine Sprachgewandtheit dem Niedergeschrieben leider nicht entspricht.



Ein Foto des Zeitungscovers. Die obere Zeile wird in etwa "Chaloch schkulje" ("ch" wie bei "Loch") ausgesprochen und bedeutet das selbe wie "narodnaja schkola"- "Volksschule" .


Übrigens: Das Cover zeigt die selbe Kapsel, welche ich im letzten Blogeintrag fotografiert habe, nur diesmal ist besser zu erkennen , wie klein der Raum für den Kosmonauten war.













Meine A4 Seite :)











Gast aus Deutschland: über den Zauber in Tschuwaschien

Die gute Tradition weiterführend, sich mit Ausländern, Lesern, Autoren, Pädagogen der Republik, sowie mit Gästen aus dem Ausland zu treffen, traf sich diesmal unser Journal „Chalach schkule- narodnaja schkola“ mit Scharlotta R. (17 Jahre, Deutschland). Scharlotta lernt schon ein halbes Jahr im Tscheboksary und spricht wunderbar Russisch. Über das, was dem jungen Gast Russlands verwunderte, was sie antraf, welchem Zauber sie in Tscheboksary und Tschuwaschien begegnete, erfahrt ihr in unserem Interview mit ihr.

- Meine Eltern - gab Scharlotta zu- lernten in ihrer Jugend Russisch, deshalb wählte ich, als vor mir die Wahl der Zweitsprache (nach Englisch), zwischen Französisch oder Russisch, in meiner Heimatschule in Deutschland, stand, Russisch. Französisch wollte ich nicht wirklich lernen, mir schien, sie sei schwer, da sich die Schreib- und Sprechweise sehr unterscheidet. Ich dachte, dass Mama und Papa mir mit Russisch helfen. Doch es erwies sich, dass sie viel vergessen haben. Also muss ich es allein meistern. Meine Zwillingsschwester lernt zzt. in Deutschland, ebenfalls Russisch, aber es scheint, dass sie die Sprache noch nicht gut kann. Ja und wenn ich ehrlich bin, spreche auch nicht gut.
- Scharlotta, wie kannst du nur! Deine Pädagogen haben doch eben erst bemerkt, dass du eine wunderbare Grammatik und Aussprache hast!
- Hm, ich weiß nicht…
- Das heißt, du glaubst, Russische ist eine leichte Sprache?
- Ha-ha-ha, so dachte ich, doch als ich das erste mal nach Russland kam, erwies es sich natürlich anders. Vor zwei Jahren war ich in St. Petersburg für 10 Tage. Damals habe ich gerade erst angefangen Russisch zu lernen. Überhaupt träumen viele in Deutschland in die USA zu fahren. Ich weiß nicht, was sie so begeistert, vielleicht hat sich bei allen der Amerikanische Traum festgesetzt „nach dem Motto: so ein cooles Land“, gefüllt von Kino- und Musikstars. Und eben genau deshalb, weil viele nach Amerika wollen, wollte ich nicht. Ich brauchte ein besonderes, ungewöhnliches Land. Und ich fand so eines- Russland.
- Welche Fächer lernst du an der hiesigen Schule?
- Algebra, Geometrie, Russisch, Englisch, Physik, Geografie, Geschichte, Biologie, Literatur.
- Was gefällt dir am meisten?
- Geschichte und Russisch.
- Und Sport?
- Oh, nein! Das Fach habe ich nicht und das ist auch gut so!
- Womit beschäftigst du dich neben der Schule?
- Ich lernte 8 Jahre Flöte, doch hörte dann auf. Dann ging ich tanzen: Walzer, Samba, Cha-cha… Und hier gehe ich zum Bauchtanz und sticke.
- Hattest du zu Anfang Probleme mit der Aufnahme in deine Gastfamilie?
- Nein, alles war seit Beginn gut. Man brachte mir bei Pirogen zu backen, Borschtsch zu kochen usw. Und ich habe für meine tschuwaschische Familie Pudding aus Milch, Kartoffelstärke, Kakao und Zucker. Im allgemeinen mag und kann ich kochen.
- Hast du schon mit deiner zukünftigen Lebensauswahl, nach der Schule auseinandergesetzt ?
- Ich habe darüber nachgedacht. Nach der Schule möchte ich die Universität besuchen. Höchst wahrscheinlich wird es irgendwas in Verbindung mit Sprachen.

(Ende im nächsten Heft)
Aufbereitung
Olga Nikitina




Liebste Grüße


Lottchen

4 Kommentare:

  1. Hey Charlotte :)
    Ich hab mal ne Frage,
    und zwar:
    Hast du ein Handy mit russischem Alphabet oder benutzt du dein Deutsches und schreibst so halt in Aussprachssprache? ;)

    Lg, Hannah :)

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  2. Hey Hannah,

    ich benutze mein Handy aus Deutschland. Man kann sowohl auf russisch schreiben, allerdings mit lateinischen Buchstaben, oder auf Englisch. Beides versteht man hier wunderbar.:)
    Bei weiteren Fragen: fragt mich :)

    Lotte

    PS.: Warum ich um die Uhrzait im Internet bin? Grisha hat ein Mininotebook in der Schule mit samt Internet- im letzten englischtest hat er damit sogar Vokabeln gegoogelt! :D

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  3. Hey Lotte,
    Ach echt, ich hab gehört die können in Cheboksary kein Englisch! Oo

    Was man nicht so alles hört :D

    Hannah

    P.S. Hast du dich schon an 6 Tage Schule gewöhnt??

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  4. Hey Hannah,

    ich muss dazu sagen, dass ich an eine Englischintensiv Schule gehe - womit es schon fast selbstverständlich ist Englisch gut zu können. Wie das auf adneren Schulen aussieht- kp.
    An die 6 Tage Schulwoche gewöhnt man sich nie xD. Also an sich schon- aber spätestens Sonntag fällt einem auf wie sehr man doch noch nen freien Tag gebrauchen könnte...

    Lotte

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