Freitag, 10. Dezember 2010

Advent, Advent, kein Lichtlein brennt...

Am Samstag konnte ich mal wieder ausschlafen. Zumindest theoretisch, denn natürlcih war Dascha auch an diesem Morgen nicht gewillt dem Wort „Stille“ ,und dessen Umsetzung, weitere Beachtung zu schenken.
Statt Schule würden wir an diesem Tag in das Ballett: „der Nussknacker“ von Tschaikowski gehen. (auf Russisch übrigens: „Schtschelkuntschik“) Es wäre nicht mein erster Besuch in einem Ballett- aber mein erster in einem russischen.
Ksjoscha und ich fuhren zum Theater. Nach dem Ertönen der dritten Glocke begann das Stück. Dennoch kehrte keine Ruhe im Saal ein- nun gut, das ist normal, wenn ein Saal voller Schüler ist… das gibt sich meist innerhalb von 5 Minuten.
Nach einer halben Stunde war ich wirklich geschockt. Niemand achtete auf die Tänzer- die Lautstärke der Schüler war teilweise lauter als das Orchester! Ich sah mich um und bemerkte:
- Quatschende
- Essende
- Musik Hörende
- Sogar im Internet Surfende, dank Mininotebook!
Und als jemand „Ey, heißer Typ!“ dem Hauptdarsteller zurief war das Fass zum überlaufen voll. Doch es ging noch schlimmer: Als der Vorhang fiel, stand ein Großteil der Schüler bereits auf, um hinaus zu gehen- ohne Applaus!! Kinogeneration…
Im Anschluss fragten mich Ksjoscha und ein paar andere wie mir denn das russische Ballett gefallen hätte. Ich schrie fast: „Das kann doch nicht euer Ernst sein?! DAS war kein Theaterbesuch! Das war…“ Und dann fluchte ich etwas und machte meinem Schock Luft. Ihnen konnte ich das sagen, denn sie waren unter den Wenigen, welche sich zivilisiert verhalten hatten. Ksjoscha lachte und erwiderte ihren Standartsatz, welchen sie häufiger sagt: „Das ist eben Russland.“



Ein Foto von Ksjoscha im Theater...




Ich - etwas verkrampft, da ich leicht geschockt war- Natascha rechts im Bild.

Und wenn Andere wärend des Stückes fotografieren, dann frag ich auch nach, ob ich die Bilder haben könnte :)
Der "heiße Kerl" alias Nussknacker...


Im russischen Heim waren die Vorbereitungen für Ksjoschas Geburtstagsfeier bereits im vollen Gange, als wir ankamen. Kurz darauf kamen auch schon die Gäste- Verwandtschaft. Wieder wurde viel gegessen und auf das Wohl des Geburtstagskindes angestoßen. Ksjoscha bekam Geld geschenkt- ausschließlich. Natürlich ist Geld schenken besser, als Unerwünschtes, aber dennoch etwas einfallslos finde ich das schon. Sogar ihre Freundinnen hatten ihr (bis auf ein paar Ausnahmen) Geld geschenkt.
Meine Gastmutter hatte einen großen Brief für mich abgeholt. Von meinen Großeltern Mütterlicherseits. Sie schickten drei Weihnachtskalender und einen Brief. Ich verteilte die Kalender an die Kinder der Familie und erklärte den seltsamen Gegenstand. Als Ksjoscha verstand, dass nun 24 Tage lang jeden Morgen Schokolade auf sie warten würde, sprang sie fröhlich durch die Wohnung (sie ist fast genau so verrückt nach Schokolade wie ich). Ksjoscha zeigte ihrer Mutter freudestrahlend den Kalender und fragte: „Darf ich da jetzt ein Türchen öffnen?“ Ich meinte: „Ja!“ Ihre Augen leuchteten, doch dann sah sie mich an: „Wie?“ Ich lachte. Es ist so ungewöhnlich, dass jemand nicht weiss, wie man die Türchen eines Adventskalenders öffnet.
Ich freue mich riesig über den Adventskalender! Ein bisschen Weihnachtsstimmung im russischen Heim. Vielen Dank!



Nikolaustag…zumindest in Deutschland… leere Stiefel an einem 6. Dezember hatte ich nicht, seit ich denken kann.
Am diesem Montag bekam ich zwei vieren! Und das auch noch auf einen im Unterricht selbständig verfassten Text- gänzlich ohne Hilfe! Jeha! Benotet wurde Inhalt und Grammatik der anzufertigenden Portraitbeschreibung des Gemäldes: „Das Mädchen mit den Pfirsichen“

Meine Hochgefühle in Sachen Russischunterricht wurden schon am Mittwoch zu Fall gebracht. Erinnert ihr euch noch, dass wir mal ein Märchen „Kindergarten für Pinguine“ schreiben sollten? Sie hat mein Märchen nicht zensiert- nicht mal „angesehen“ drunter geschrieben, wie es eigentlich üblich ist, wenn der Text nicht zensiert wird. Nichts. Ich weiss nicht einmal, ob sie mein Werk von 1 Stunde Arbeit überhaupt gelesen hat… :(
Nach der Schule gingen Ksjoscha und ich in ein nahegelegenes Einkaufszentrum, um Geschenke (u.a. Neujahr) zu besorgen. Wir kauften zunächst ein Geschenk für Lisa, welche am Montag Geburtstag hatte und uns für Samstag zu sich einlädt. Anschließend wollte ich Geld abheben. Alles wie immer. Karte wieder in der Hand- aber Geld ist wo? Leichte Panik. Ich warte ein paar Minuten- vielleicht braucht der Automat nur länger… Schließlich fragen Ksjoscha und ich einen Angestellten, was nun zu tu sei. Er meinte wir sollten die Servicehotline anrufen. Wir riefen an. Wir bekamen den furchtbar nützlichen Tipp uns an die Bank zu wenden. Eine deutsche Bank ist hier allerdings unauffindbar- was meine Besorgnis über den Geldverlust vergrößerte. Wir beschlossen die Shoppingtour abzubrechen und nach Hause zu fahren. Ich schrieb eine Mail an meinen Vater, in welcher ich um Rat fragte.

Ksjoscha und ich hatten am Donnerstag Grund zur Freude. Wir erwischten einen Trolleybus, der so leer war, dass wir sogar einen Sitzplatz bekamen! An einem gewöhnlichen Wochentag, zur Rush-hour grenzt das an ein Wunder. Allerdings kamen wir kurz darauf in einen Stau… in dem wir 30min standen, bis der Trolleybus allmählich wieder loszuckelte. Ksjoscha und ich sahen uns an: „Na dann fällt eben die erste Stunde aus!“ und lachten- schließlich bringt Stress machen in solch einer Situation auch nichts. Zur Krönung rief die Fahrkartenkontrolleurin nun: „Dieser Bus fährt nur bis zum Bahnhof! Nur bis zum Bahnhof!“ Meine Gastschwester und ich lachten erneut.
Am Bahnhof steigen wir aus- mittlerweile war es schon 8:45Uhr- die erste Stunde begann also vor 15 Minuten…wir nahmen es gelassen. Aus einem uns unerklärlichen Grund stiegen alle Passagiere des Trolleybusses, welche zuvor mit uns ausgestiegen waren, wieder ein. Da standen wir nun und sahen irritiert zu, wie der Bus die Türen schloss und wegfuhr- was uns wieder zum Lachen brachte. Wenn alles Mist (pardon!) ist- einfach lachen!
Als wir das letzte Stück von der Haltestelle zur Schule liefen, lief uns einer von Ksjoschas Freunden hinterher- auch er war in den Stau gekommen und hatte die erste Stunde verpasst. Zu dritt gingen wir zur Schule. Dort saß Natascha, welcher das selbe wiederfahren ist. Wir setzten uns auf die Bänke im Eingangsbereich der Schule und beschlossen wegen der restlichen 10 Minuten nicht in den Unterricht zu gehen. Aber aller „guten“ Dinge sind drei- fehlte also noch ein unglückliches Ereignis. Und da kam es auch schon: die Direktorin. Sie ist erst neu im Amt und hat keinen guten Ruf. Sie unterrichtet nicht, sondern nimmt sich die Freiheit nur Direktorin zu sein, hat Lieblingslehrer, welche sie in Belangen - wie z.B.: Urlaubstage- bevorteilt, man munkelt sie sei bestechlich und ist im allgemeinen unqualifiziert für den Posten einer Direktorin. Das bemerkte ich selbst, denn sie hieß mich nicht einmal an der Schule willkommen. Erst im zweiten Monat, welchen ich hier verbrachte sah ich sie mal flüchtig auf dem Flur und Natascha raunte zu mir: „Das ist die Direktorin.“
Da saßen wir nun zu viert und waren ihr hilflos ausgeliefert.
Sie: „Nanu?! Wieso sitzt ihr hier?“
Natascha: „Wir sind in den Stau gekommen und nun warten wir auf den Anfang der zweiten Stunde.“
Die Direktorin sah auf die Uhr- fünf Minuten bis Pause- und richtete ihren durchbohrenden Blick auf den Jungen, welcher mit uns zur Schule gelaufen war.
Sie: „Welche Stunde?“
Er: „Englisch.“
Sie: „Na dann! Hopp! Hopp! Wenigstens die Hausaufgaben kannst du noch aufschreiben! Los!“
Er ging irritiert von dannen.
Sie: „Etwas schneller!“
Er flitze zur nächsten Treppe und von da vermutlich in die Sporthalle…ich kann mir nicht vorstellen , dass er wirklich zum Unterricht gegangen ist.
Nun sah sie uns drei Mädels an. Ich hatte keine Lust auf Geometrie- auch nicht für 5 Minuten.
Sie: „Welche Stunde?“
Ich erwiderte blitzschnell: „Sport!“ in der Hoffnung sie würde es als unwichtig empfinden und uns sitzen lassen.
Zu unserem Glück verwickelte sie eine Lehrerin in ein Gespräch.
Ich fragte Ksjoscha: „Sagmal…weiß sie überhaupt, dass ich Ausländerin bin??“
Ksjoscha grinste: „Keine Ahnung“…es scheint, als wüsste sie es nicht…“
Das spricht doch mal für Qualitäten einer Direktorin, wenn sie nicht einmal weiß, wer Gastschüler ist…

Am Nachmittag rief ich meine Mails ab. Mein Vater hatte geantwortet- es sei nichts abgebucht worden – alles in bester Ordnung. Huuuu, Schwein gehabt!

Freitag traf ich die Deutschlehrerin, welche mich gleich mal beauftragte, ein Plakat zum Thema: „Weihnachten in Deutschland“ anzufertigen. Als ob es nicht schon reichen würde, dass ich jedem zweiten von deutscher Weihnacht erzählen muss und dass ich es wirklich sehr vermisse… Ksjoscha hat sich ein paar Bilder von weihnachtlich geschmückten Städtchen, Weihnachtsmärkten usw. angesehen und meinte: „Ooooh! Wie im Märchen!“ Also an alle, welchen Weihnachten zum Hals raushängt- ihr wisst das Märchen nicht zu schätzen. Jeder, mit welchem ich hier gesprochen habe, würde sofort Weihnachten feiern wollen.

Fazit: „Ich vermisse Weihnachten.“
Liebste Grüße aus dem unweihnachtlichen Tscheboksary
Lotte
Ein winterliches Foto mit dem Kirchgebäude, welches mich in seinen Bann gezogen hat...


PS.: Was das Wetter betrifft: Im Laufe der Woche wurde es allmählich wärmer. Am Freitag sogar Tauwetter bei Temperaturen um 0°C.

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