Dienstag, 21. Juni 2011

Trauerklops

Was ich noch völlig vergessen habe euch mitzuteilen: Daschas ersten Worte auf Deutsch: „Ja ja, natürlich!“ Wie es dazu kam? Während seiner Anwesenheit antwortete ihr Vater oft mit diesem deutschen Satz, anstelle der russischen Version. Dies ist allerdings nicht das Einzige auf Deutsch, was er kann. Oft warf er bei einem Gespräch deutsche Wörter ein - und das obwohl er nie Deutsch gelernt hat. Jedes Mal sah er mich dann prüfend an, ob ich wirklich verstanden hätte, was er eben gesagt hat und lächelte zufrieden, wenn ich verständnisvoll nickte. Nun ja, so kam es, dass klein Daschenka dem Wortlaut ihres Papas hinterher eiferte und ihre ersten deutschen Worte sagte. Mittlerweile versuchen wir ihr ein kurzes Gedicht beizubringen, da meine Gastmutter möchte, dass sie dieses meinen Eltern vorträgt, wenn sie uns in Deutschland besuchen.

Klitzekleines Zwerglein
Ging auf ein Berglein.
Rutschte aus,
und ging nach Haus.

Wir sind gerade mal bei der ersten Zeile und das „Klitzekleines Zwerglein“ klingt eher wie ein „klizekaines Swergain“. Bin mal gespannt ob das was wird…

Diese Woche brachte Xjuscha ein kleines Kätzchen nach Hause. Das Kleine sollte eine Nacht bei uns verbleiben, da erst am darauffolgenden Tag sein zukünftiges Herrchen es abholen würde. Das kleine Tierchen wurde von Sascha auf der Straße aufgesammelt und wurde „Schaschlik“ getauft. Aus einer Nacht wurden zwei und der kleine, tapsige Vierbeiner wuchs uns allen ans Herz - selbst Dascha, welche immer kreischte wie am Spieß, wenn Schaschlik sie auch nur ansah.





Gestern war eine kleine Veranstaltung in der Schule, deren Zweck die Vergabe der bestandenen Examen und Ehrung für besondere Leistungen war. Die von uns allseits geliebte Direktorin liess es sich nicht nehmen, die würdige Rolle des Urkundenverteilers und Lange-Reden-Schwingers zu spielen. Nach und nach wurden Schüler aufgerufen, welche nun ihre Auszeichnungen bekamen. Ich schaltete auf Standby - zum Glück schaltete ich nicht völlig ab, denn sonst hätte ich meine eigene Ehrung verpasst! Ja, ihr habt richtig verstanden: ich wurde geehrt! Die Direktorin schüttelte mir die Hand und hängte mir eine Medaille um den Hals, welche mit „Stolz des Gymnasiums“ beschrieben ist. Sie bestand noch auf eine kleine Danksagung meinerseits, also stellte ich mich kurz ans Mikro und bedankte mich für das freundliche und hilfsbereite Wesen der 9. Klassen - allgemein der Schule (mal abgesehen von der Person, welche mir die Medaille überreichte…).
Als ich das Schulgebäude verließ schaute ich noch bei der Deutschlehrerin vorbei, denn schließlich ist sie die einzige Lehrerin, welche ich wirklich lieb gewonnen habe. Als ich das Kabinett betrat, sah sie mich zunächst etwas irritiert an, bis sie mich schließlich freundlich empfing. Sie meinte: „Komm herein, mein Sonnchen, du bist gar nicht wiederzuerkennen!“ Das höre ich nicht zum ersten Mal. Erst neulich teilte man mir mit, dass sich Lehrer in der Kantine untereinander fragten, wer das fremde Mädchen sei, welches den Frühstückstisch für die erste Abteilung des Ferienlagers eindeckte. Hoppla. Ich find' nicht, dass ich mich so großartig verändert habe - aber ich wünsche meinen Verwandten schon mal viel Spaß beim wiedererkennen ;-).
Ich erzählte der Deutschlehrerin von meinem Buchvorhaben, welches sie als „brilliant“ bezeichnete und gleich entrüstet fragte, warum ich sie nicht gebeten hätte das Buch ins Russische zu übersetzen. Als ich mich schließlich verabschieden wollte, meinte sie, dass sie mich noch vor meiner Abreise anrufen würde, denn sie fände es reichlich zu früh um bereits „lebe wohl!“ zu sagen.
Der „Stolz des Gymnasiums“ drehte der Schule den Rücken zu und verliess das Gebäude, in welches er nie wieder zurückkehren würde.

Als meine Gastmutter nach Hause kam, hatte sie eine schlechte Nachricht für mich. Eigentlich wollten wir bereits heute mit Dima nach Wolgograd fahren, aber aus verschiedenen Gründen ist Wolgograd jetzt Pustekuchen und ich war mehr als traurig, denn nun würde ich die letzten Tage in Russland mit Kindern im Ferienlager verbringen, anstelle eines spannenden Ausflugs in eine mir unbekannte Stadt. Verdammt!
Doch meine Gastmutter gab sich nicht so schnell geschlagen, da nicht nur ich sondern auch Xjuscha durch die Wohnung schlich, wie ein Trauerklops. Und so rief sie ihren Bruder (welcher mit im Waldhäuschen war) in Moskau an. Es klappte. Für ein paar Tage nimmt er uns auf. Zu Deutsch:
ICH FAHR NACH MOSKAU! JEEEEHAAAA!
Ich könnt' platzen vor Freude!
Heute um 20:00 Uhr fährt unser Bus ab, wenn alles planmäßig verläuft, sind wir 5 Uhr in der Hauptstadt. HAHA – seit gestern bekomm' ich mein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.

Liebste Grüße aus Russland

Lotte

Fazit: Wenn sich die eine Tür schließt, öffnet sich eine andere – in meinem Falle direkt nach MOSKAU!



Hier übrigens die tschuwaschische Stickerei, welche ich seit langem fertig habe.




Und noch ein paar Bilder von Tscheboksary:




PS.: Noch einen ganz besonderen Gruß an meinen Vater, welcher am heutigen Tage Geburtstag hat! Alles Gute zum Geburtstag!!









































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